KUNSTMÄRCHEN
Wie die Vögel bunt wurden
Vor langer langer Zeit waren alle Vögel grau in ihrem Aussehen. Der Spatz war so grau wie die Amsel, Die Lerche so grau wie die Elster und der Dompfaff so grau wie der Eisvogel.
Der eine war halt groß, der andere klein, der eine hatte einen großen Schnabel, der andere einen kleinen.
Die Vögel waren unzufrieden mit ihrem Aussehen, sie wollten sich noch deutlicher voneinander unterscheiden.
So sannen sie nach einer Lösung ihres Problems. Sie beratschlagten und kamen zu keinem Ergebnis. Als es schon dunkel wurde kam der Vogel der Nacht, die Eule dahergeflogen. Die Eule galt als sehr klug. Sie setzte sich auf einen hohen Baumstumpf und blickte in die Runde, wartete bis der letzte Vogel sein Gezwitscher beendet hatte.
Meine lieben gefiederten Freunde sprach die Eule.
Wie ihr alle wisst, sind wir die Vögel, mit unserem Aussehen unzufrieden, wir sehen alle gleich grau aus, wenn wir so bunt wie die Blumen wären, könnten wir uns in den verschiedenen Farben unterscheiden und hätten unsere Freude daran.
Ich kenne eine große Zauberin, sie ist die Zauberin der Farben. Sie bringt die Farben zum Strahlen und zum Leuchten. In ihrem Schloss hat sie wunderschöne Farben. Die Wände sind in herrlichem Sonnengelb, die Böden in wunderbarem goldorange, sie isst aus bunten Tellern und ihre Kleider sind in herrlichem Mohnrot. Alles was sie besitzt ist in Farbe getaucht.
Ich kann sie fragen ob sie uns Farben schenkt um unsere Gefieder anzumalen.
Alle Vögel waren begeistert vom Vorschlag der Eule und baten sie mit der großen Zauberin zu sprechen.
Die Eule flog zur Großen Zauberin der Farben und bat sie, ihr Farben für die Vögel zu schenken, damit sich diese ihr Gefieder anmalen könnten.
Doch so einfach gab die Zauberin ihre Farben nicht her. Sie knüpfte eine Bedingung daran. Jeden Tag sollte ein andererVogel ihr ein Lied vorsingen, dann würde sie ihm, seinem Lied entsprechend, sein graues Gefieder in ein farbiges Vogelkleid färben.
Ganz vorn, zufällig, hupfte der Wiedehopf umher. Er nahm sofort seine Chance war und sang der Großen Zauberin sein Lied. Eigentlich hörte es sich so an als spiele er auf einer Flöte, immer wieder und immer wieder. Die Große Zauberin war begeistert und bemalte ihn am Kopf mit einer orangen Farbe an. Der Wiedehopf war noch nicht zufrieden damit und wollte mehr. Die Zauberin nahm den Pinsel und malte ihm auf seinen Flügeln Streifen in schwarz und weiss, das sah sehr vornehm aus. Und weil dies dem Wiedhopf so gut gefiel tupfte sie ihm noch etwas davon auf seinen Kopf. Jetzt war der Wiedhopf glücklich, hüpfte umher und verkündete allen Vögeln wie gut er aussehe.
Und noch von weitem war sein Flötenruf zu hören.
Kaum war der Wiedhopf davongehüpft, flog ein kleines wuscheliges Vögelchen daher.
Wie heißt Du fragte die Zauberin. „ Ich heiße Meise und ich stamme aus einer großen Familie. Was willst Du für eine Farbe. „Ich liebe das Blau des Himmels und die Farbe der Sonne wenn diese leuchtet“. Das ist schön, sagte die Zauberin, ja, diese Farben gefallen mir auch besonders gut. So nahm sie den blauen Farbtopf und pinselte auf sein Köpfchen das herrlichste blau. Seine Brust bemalte sie mit der Farbe der Sonne, dem wunderschönen gelb und zuguterletzt malte sie um das Schnäbelchen herum eine schwarze Linie. Es sah wunderhübsch aus, und die Meise war überglücklich. Sie veränderte ihren Namen und nannte sich jetzt Blaumeise.
„Wenn das meine große Familie sieht, werden sie alle auch kommen und ihre Farbe haben wollen, piepste die Blaumeise und machte sich eilends davon um der großen Meisenfamilie zu bericheten.
Gleich danach kam ein Vogel geflogen, der der Zauberin der Farben verkündete er werde ihr Trommeltöne schenken. Ja, wo ist denn deine Trommel fragte die Zauberin. Ich habe sie immer dabei, es ist mein Schnabel und damit kann ich einen Trommelwirbel machen. Er setzte sich auf einen Baum und hämmerte sogleich im Rhythmus mit seinem Schnabel darauf. Das waren ganz andere Töne als wie man es von Vögeln gewohnt war. So was hatte die Zauberin der Farben noch nicht gehört. Es gefiel ihr außerordenlich gut. Sie schwang im Rhythmus mit und wurde so beschwingt, dass sie in jeden Farbtopf tupfte und ihn damit anmalte. Jetzt sah der Specht lustig und sehr bunt aus. Es waren so viele verschiedene Farben auf seinem Gefieder, dass er die Zauberin um einen Spiegel bat. Oh, wie schön sehe ich aus, wie fröhlich, so fröhlich wie ich die Zauberin mit meinem Trommelwirbel gemacht habe.
Ich werde mich jetzt Bundtspecht nennen, denn so sehe ich aus, mein Name ist Specht und ich sehe fröhlich bunt aus.
Vom hohen Turm kam ein Taubenpaar geflogen. Die beiden waren auf Hochzeitsreise, nickten sich ständig zu und gurrten verliebt Das erfreute das Herz der Zauberin und sie nahm ein helles weiss und bemalte beide damit. Das Taubenpaar schaute sich verliebt in die Augen, sie gurrten, nickten sich gegenseitig zu und flogen in den blauen Himmel.
Es kamen noch sehr sehr viele Vögel angeflogen und die die sehr lustig sangen, bekamen lustige Farben, ganz bunt und fröhlich. Die Vögel, die an diesem Tage ein bischen traurig waren, bekamen ein bischen dunklere Farben, so wie der Rabe. Der Rabe war alleine und wollte so gerne eine Rabin als Partnerin und deshalb war er traurig, weil er sie noch nicht gefunden hatte. Seine Stimme war vor lauter Kummer ganz rauh und krächzig. Der Rabe wollte keine bunten Farben und auch keine hellen, es war ihm nicht danach. So nahm die Zauberin der Farben ein dunkles Schwarz und weil sie Mitgefühl mit dem Raben hatte, kramte sie aus einer speziellen Schublade in ihrem großen Farbenschrank ein Metallicblau und auch ein bischen Metallicgrün. Das waren ganz besondere Farben, diese leuchteten nur, wenn die Sonne darauf schien, sie glänzten dann wie bunte blaue und grüne Edelsteine. Und als die Zauberin diese auf den Rücken des Raben aufbrachte kam eben die Sonne durch die Wolkendecke und das Gefieder des Raben erstrahlte in herrlichem blau und ein bischen grün, auf dunklem schwarz. Es sah grandios aus. Der Rabe staunte und erfreute sich sehr an seinem wunderschönen Kleid.
Ich gefalle mir so gut und sehe so schön aus, dass jetzt bestimmt eine liebe Rabin zu mir kommt. Und vor lauter Freude krächzte der Rabe ganz laut und es klang fast wie Musik.
Die letzten die kamen waren die Spatzen, die sind ja besonders frech und pfiffig. Diese wollten natürlich alle Farben und ein jeder wollte der Erste sein. Sie konnten sich nicht einigen auf ein Lied, jeder pfiff und zwitscherte wie es ihm eben in den Sinn kam. Die Große Zauberin der Farben nahm es ihnen nicht übel, obgleich es ja anders ausgemacht war. Sie bemalte die Spatzen ganz bunt aus jedem Farbtopf und weil sie sich immer noch nicht auf ein Lied einigen konnten, kamen die Spatzen zum streiten, das tun Spatzen des öfteren. Die Farben waren noch nicht ganz getrocknet, und weil sie im Streit nicht darauf achteten, dass sie sich im Sande wälzten, wurden ihre Farben wieder grau. Deshalb sind die frechen Spatzen heute noch grau.
(c) by Roswitha Boneberger-Klett