Interpretation
Eugen Drewermann
Vom Schloß der goldnen Sonne
( Grimmsche Märchen, aus der Sammlung Friedmund von Arrnim)
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"Die Kristallkugel"
Drei Brüder symbolisieren die drei Seelen eines Menschen: den hochfliegenden Intellekt, das verschwimmende Gefühl und "das eigene Ich", das mit heftigen Trieben kämpft, bis es zu einer Integration kommt, welche vom Gewinn der Kristallkugel symbolisiert wird. Drewermann interprediert "Die Kristallkugel" als Zaubermärchen mit Tierverwandlung und "Suchwanderung der Liebe".
(Die Zaubermärchen bilden eine spezielle Untergattung von Erzählungen im Bereich der Märchen. Ihr gemeinsames Merkmal ist die Vorstellung, dass es möglich sei, die Wirklichkeit durch magische Praktiken zu beeinflussen. Magische Kräfte, die Kenntnis von Zaubersprüchen, der Besitz von sogenannten Wünscheldingen spielen eine große Rolle)
Im Hintergrund dieses Grimmschen Märchens steht sicher auch eine Idee von kosmischer Harmonie.
Die Kristallkugel als Symbol des integrierten, autonomen Selbst.
DIE KRISTALLKUGEL
Eine Zauberin, die ihren drei Söhnen nicht traut, verwandelt den ältesten in einen Adler, den mittleren in einen Walfisch, doch der jüngste beschließt, sich durch Flucht zu retten, bevor ihn die Mutter in einen „Bären oder einen Wolf“ verzaubert.
Der dritte Sohn macht sich auf den Weg zum Schloss der goldenen Sonne, wo er die verwünschte Königstochter erlösen möchte, eine Aufgabe, an der bereits 23 Jünglinge zugrunde gegangen sind.
Unterwegs begegnen ihm zwei Riesen, die sich um einen Wünschhut streiten. Der Jüngling bietet sich als Schiedrichter an, setzt den Hut auf und wandert weiter. Auf seinen Ruf sollen die Riesen um die Wette laufen. Er vergisst jedoch die Abmachung der Riesen und seufzt: „Ach wär' ich doch auf dem Schloß der güldenen Sonne!“ Prompt befördert ihn der Wünschhut ans Ziel.
Die verwünschte Königstochter leidet an einem Fluch, der sie für jeden alt aussehen lässt. Nur wer in einen Zauberspiegel blickt, sieht sie in ihrer vollen Schönheit. Nachdem der Jüngling sie so erblickt hat, verfestigt sich seine Bereitschaft, sie zu erlösen. Dazu muss er die Kristallkugel erlangen und dem bösen Zauberer vorhalten, der die Königstochter verflucht hat. Dies kann aber erst nach einer ganzen Folge gefährlicher Teilaufgaben geschehen.
So muss der Jüngling einen Auerochsen besiegen, der an einer Quelle harrt, dann fliegt ein „feuriger Vogel“ auf, der gezwungen werden muss, ein Ei zu legen, dessen Dotter die Kristallkugel bildet. Dieses „Ei“ darf nirgends aufprallen, weil es sonst einen Brand auslöst, in dem die Kristallkugel zerstört wird.
Der Jüngling siegt im Kampf mit dem Auerochsen. Als der Feuervogel auffliegt, jagt ihn der Adler-Bruder so lange, bis er ein Ei fallen lässt. Dieses entzündet zwar eine Holzhütte am Meer, doch der Walfisch-Bruder löscht das Feuer. Der jüngste Bruder bringt die Kristallkugel ins Schloss, der Zauberer erklärt sich für besiegt und die Königstochter erscheint in ihrer wahren Schönheit. Das Märchen endet: „Da eilte der Jüngling zu der Königstochter, und als er in ihr Zimmer trat, so stand sie da im vollen Glanz ihrer Schönheit, und beide wechselten voll Freude die Ringe miteinander.“